Der Tag beginnt mit strahlendem Sonnenschein und ich freue mich darüber. Heute wird ein “kurze Hose Tag” denke ich, und verstaue meine lange Hose im Rucksack. Ich packe alles zusammen, dusche nochmals ausgiebig und dann geht's zu Igor. Zuerst einmal füttere ich alle Tiere und auch Igor bekommt nochmal eine große Portion Heu. Peter kommt noch vorbei bevor er zur Arbeit fährt und bietet mir an mich aus seiner und Sandras Speisekammer zu bedienen. Das nehme ich gerne an und nehme mir ein Räuchertofu und ein paar kleine Äpfel mit. Dann wird es Zeit aufzubrechen. In der Zwischenzeit hat der Himmel zugezogen. Wird wohl nichts mit der kurzen Hose. Also wieder die lange Wanderhose aus dem Rucksack gekramt. Dann geht's los. Igor folgt mir gerne als wir das LebensGut verlassen. Ein bisschen habe ich ja befürchtet, dass er da bleiben möchte bei den Eselkollegen. Aber meine Sorge war wieder einmal unbegründet. Ich wünsche mir für die kommende Nacht vom Universum einen Schlafplatz mit fröhlichen, lieben Leuten. Wo Igor Heu bekommt, eine Wiese hat und wir uns wohl fühlen. Auf dem Weg vor drei Tagen, von Ramsau nach Rohrbach habe ich viele private Pferdebesitzer gesehen. Ich denke es wird so weitergehen, und es wird leicht sein eine Übernachtungsmöglichkeit zu finden.
Etwa 15 Minuten nach unserem Abmarsch öffnet der Himmel seine Schleusen. Es geht so schnell, dass ich nicht einmal mehr meine Regenhose auspacken kann. Die Regenjacke ziehe ich noch schnell an und auch den Rucksack kann ich noch abdecken bevor wir völlig durchgeweicht sind. Rund um uns sind nur graue und dunkelgraue Wolken und es sieht nicht so aus als würde es bald aufhören. Das frustriert mich jetzt schon sehr und legt sich auf meine Stimmung. Auch Igor sieht aus wie eine gebadete Maus. Meine Schuhe sind komplett nass, die Socken reiben und ich spüre die Druckstelle am Ballen wieder, die sich in den Pausetagen so gut erholt hat. Aber wenn man mit nassen Socken unterwegs ist, lässt sich das leider nicht verhindern.
Als der Regen noch ein bisschen stärkere wird flüchten wir in ein Buswartehäuschen und warten den ärgsten Guss ab. Igor scheint es da drinnen recht gemütlich zu finden. Nach einer Weile gehen wir weiter. Da am Radweg niemand unterwegs ist, lasse ich Igor vom Führstrick. Das gefällt ihm sichtlich und er beginnt wie immer einmal rechts und einmal links am Wegrand zu fressen. So schlendern wir langsam dahin in Richtung Traisen. Dort würde ich gerne übernachten. Der Radweg verläuft aber nicht direkt durch den Ort und irgendwie habe ich keine Lust hineinzugehen. Ich hoffe auf einen Bauernhof irgendwo entlang vom Radweg. Aber ich finde nichts Passendes. Ich überlege, dass sich im Notfall nach Wilhelmsburg weitergehen könnte. Dort befinden sich zwei große Reitställe, in denen ich sicher unterkommen könnte. Es hat wieder begonnen stark zu regnen und ich bin neuerlich total durchgeweicht. Igor schlendert mit einigem Abstand hinter mir her und frisst an den grünen Wiesen die es hier gibt. Zumindest er wirkt zufrieden. Andi schreibt mir eine WhatsApp ob ich schon ein Platzerl gefunden habe. "Nein”, schreibe ich frustrieret zurück.
Durch das schlechte Wetter sind auch kaum Menschen am Radweg oder in den Gärten die ich nach einem Platz für mich und Igor fragen könnte. Ich füge meinem Wunsch ans Universum noch hinzu das es super wäre, wenn mich jemand auf die Übernachtungsmöglickeit anspricht. Kaum gedacht fährt ein Elektroauto am Radweg entlang, fährt an uns vorbei, dreht um und kommt wieder zu uns zurück. Das Fenster öffnet sich und ich sehe das freundliche Gesicht einer Frau die drei Karotten in der Hand hält. Hinter ihr sitzt ihre hübsche Tochter und ihr Mann fährt das Auto. Sie erklärt mir, dass sie einen Hof haben, der gegenüber des Radweges auf einem Hügel liegt. Dort gibt's auch zwei Pferde. Sie hat Igor alleine am Radweg gesehen und gedacht er sei irgendwo ausgebüxt. Deshalb habe sie sich mit ihrer Familie auf den Weg gemacht um den Esel einzufangen. Igor verdrückt die Karotten und ich nutze meine Chance und frage nach einem Übernachtungsplatz. Nach kurzem Überlegen entscheidet sich das Paar, dass ich zu ihnen auf den Hof kommen kann. Sie beschreiben mir den Weg und fahren schon mal voraus. Es regnet wieder aber diesmal macht es mir nicht so viel aus, weil ich eine tolle Unterkunft gefunden habe. Auf dem schönen Hof angekommen zeigen mir Iris und Thomas die Wiese auf der ich mich einrichten kann. Sie hat einen wunderschönen Aussichtspunkt von dem aus man das ganze Tal überblickt. Neben uns sind Rinder, es gibt auch Schafe und ein paar Ziegen. Igor fühlt sich sichtlich wohl und wuzelt sich einmal ausgiebig in der Wiese. Iris erklärt mir, dass sie nochmals wegfährt und mir gerne vom Einkaufen etwas mitbringen kann. Das ist sooo nett und ich bestelle Müsliriegel, meist mein Mittagessen. Als sie damit zurückkommt, darf ich die Riegel nicht einmal bezahlen. Da Iris und Thomas am nächsten Tag früh arbeiten fahren, verabschieden sie sich noch am Abend bei mir. Sie kommt mit ihrem Sohn und dessen Freund zu mir auf die Wiese und schenkt mir noch einen riesigen Strietzel und ein Glas selbstgemachte Marmelade. Ich weiß gar nicht was ich sagen soll und freue mich so sehr über die Geschenke und die Freundlichkeit. Jetzt hoffe ich noch auf eine halbwegs trockene Nacht ohne Starkregen. Dann geht's morgen weiter.
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