Wanderung Tag 1

Je näher der Abschied rückt, desto unwirklicher wird alles. Es überwiegt die Angst und die Unsicherheit, von Vorfreude keine Spur mehr. Nach und nach kommt mir auch immer mehr ins Bewusstsein was Andi und ich beide verdrängt haben. Wie wird es ohne einander sein? Wir waren in den 21 Jahren in denen wir zusammen sind, nur zwei Mal für zwei Wochen voneinander getrennt. Am Tag des Aufbruchs trifft mich diese Erkenntnis mit voller Wucht. Trotzdem, jetzt gibt's kein Zurück mehr, es ist Zeit den Traum in die Realität umzusetzen und zu sehen ob es wirklich ein Traum wird. Mir ist bewusst, dass die ersten Tage schwierig sein werden. Bis sich alles eingespielt hat, ich das Vertrauen gewinne, dass sich ein Schlafplatz finden wird, dass die Ausrüstung passt und das Wetter. Die Vorhersagen für die nächsten Tage sind eher schlecht, aber abzuwarten bis es wieder besser wird, erscheint mir auch nicht sinnvoll. Also, Arschbacken zusammenkneifen und Abmarsch. Die erste Station soll die Rosalia sein. Dort wird sich hoffentlich ein Übernachtungsplatz für uns finden. Das Wetter ist trüb, aber es regnet nur wenig. Igor stapft brav neben mir. Wie erwartet ist der erste Abschnitt, der Schnellstraßen Begleitweg, den wir aber nehmen müssen, sehr zäh. Aber kaum sind wir im Wald ist Igor wie immer total in seinem Element. Ich lasse ihn vom Führstrick und wir wandern gemütlich durch den Wald Richtung Rosalia. Unterwegs begegnen wir einigen Bauern die mit ihren Güllefässern unterwegs sind. Einer hält an und fragt: „Wohin bist du denn unterwegs mit deinem Pferd.“ „Das ist ein Esel,“ antworte ich ganz stolz. „Ahh, bist du leicht die aus dem Fernsehen?“ Ich nicke verschämt. Irgendwie ist mir das peinlich. Er freut sich, und wir gehen weiter. Plötzlich kommt mir die Gegemd immer bekannter vor und auch Igor wird auf einmal wieder munterer. Um mich selbst zu überlisten hab ich mir vorgenommen erst ab 15.00 unruhig zu werden wegen einer Übernachtungsmöglichkeit. Es ist jetzt viertel nach drei, also höchste   Zeit um sich Sorgen zu machen. Plötzlich stehen wir definitiv an einem Punkt den ich von der letzten Wanderung mit Igor nach Hochwolkersdorf kenne. Wir sind kurz vor der Rosalia und eine Abzweigung führt zu Eva, auf deren Weide ich beim letzten Besuch im Februar übernachtet habe.  Ob ich wohl nochmals dortbleiben dürfte? Und wie groß mag der Umweg wohl sein? Ich schau schnell in meiner Wanderapp nach und finde heraus, dass der Weideplatz nur eine Stunde entfernt liegt. Kurz entschlossen rufe ich Eva an, die mir sofort zusagt und mir zusätzlich Heu für Igor am  Abend und einen Kaffee für mich am nächsten Morgen verspricht. Sofort ist meine Laune wieder von mäßigen 50 Punkten wieder auf 100. So habe ich es mir in der Früh beim weggehen gewünscht. Einen Schlafplatz an dem ich mich mit Igor sicher fühle. Und was gibt mehr Sicherheit als ein vertrauter Ort? Am Abend geht meine Stimmung aber schnell wieder runter. Ich vermisse Andi und habe Heimweh. Also schnell ins Zelt und möglichst bald einschlafen. Morgen früh sieht die Welt wieder ganz anders aus. Um ca. 2.00 Uhr morgens weckt mich heftiger Regen der auf das Zelt prasselt. Ich mache die Stirnlampe an und sehe die Bescherung. Überall ist Wasser über in den Zeltboden eingedrungen. Selber schuld. Ich hatte das Zelt einfach aufgestellt ohne mich davon zu überzeugen, dass die Regenwanne aufgestellt ist. Also im strömenden Regen raus und so lange herummurksen bis es halbwegs dicht ist. Den Rucksack und die Packtaschen unter ein nahes Dach stellen, Igor bedauern, das Handtuch in meinen drei Taschen suchen und dann mit nassem Gewand in den nassen Schlafsach schlüpfen. Herrlich! Aber bald sehe ich die Morgendämmerung. Igor ist entspannt trotz Regen, er frisst auf der Wiese. Ich packe im Regen meine Sachen, demontiere meinen Weidezaun und dann steht auch schon Eva mit dem Kaffee da und die Sonne geht auf. „Du wolltest Abenteuer, jetzt hast du Abenteuer“, denke ich mir und starte mit Nieselregen in den zweiten Tag.

 

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