Wanderung Tag 3

Nachdem die letzten beiden Tage sehr anstrengend waren, beschließe ich uns heute eine kurze Strecke zu gönnen. Bis nach Weikersdorf soll es gehen. Alles ist eben und es gibt dort zwei große Reitställe wo ich notfalls sicher eine Übernachtungsmöglichkeit finde. Lieber wäre es mir privat bei einem Tierbesitzer auf der Wiese. Aber es fühlt sich gut an, einen Plan B im Hinterkopf zu haben. Und so gehen wir gut gelaunt weg, meistern die ernste kleine Hürde, einen Bahnübergang, ohne zu zögern und kommen dann in einen kleinen Wald. Unglaublich wie der Sonnenschein die Stimmung hebt. Ich lasse Igor vom Führstrick damit er am hohen Gras knabbern kann. Er geht total schnell und motiviert, es macht ihm offenbar Freude. Gerade als ich denke schöner kann's nicht werden stockt Igor kurz und beginnt dann in einer Art Stechschritt schneller zu gehen. Etwas beunruhigt ihn und ich kann nicht erkennen was es ist. Igor verfällt selten in richtige Panik und lässt sich trotzdem führen. Immer wieder kreisen seine langen Ohren und er bleibt weiterhin nervös. Endlich erkenne auch ich die Quelle des Ungemachs. Vor uns erscheint die A2 Südautobahn, und die vorbeiziehenden Autos und LKWs machen einen Höllenlärm. Ich hatte auf meiner Wanderapp gesehen, dass die Unterquerung der Südautobahn heute am Plan steht, da Igor aber die S31 bei uns in Weppersdorf kennt und schon mehrmals unten durchgegangen ist, dachte ich mir nicht, dass dies ein Problem werden könnte. Wenn Igor einmal so grundnervös ist, lassen ihn auch Dinge erschrecken die normalerweise kein Problem sind. Radfahrer in weiter Ferne oder Spaziergänger mit Hunden die er och nicht genau erkennen kann. In diesen Situationen bin ich sehr präsent, konzentriere mich ruhig zu atmen und führe Igor einfach weiter auf die Autobahnunterführung zu. Er geht schnell durch, dann kommt auch noch die Unterführung der Gegenfahrbahn. Auch die durchreiten wir schnell und gehen rasch weiter. Genau wie ich es mir gedacht habe, war der Lärm das Problem denn einige 100 Meter wird Igor wieder zum relaxten Esel und beginnt wieder an den Grashalmen rechts und links des Weges zu knabbern. Dann sehe ich in der Ferne die nächste Herausforderung. Die Bundesstraße und das METRO Gebäude. Als ich mit Igor den Zebrastreifen überquere errege ich auf der vielbefahrenen Straße großes Aufsehen. Im Kreisverkehr biegen wir dann falsch ab, müssen zurück und nochmals die richtige Abzweigung nehmen. Ab geht's in den Föhrenwald wo es neben der Fahrbahn einen Reitweg gibt. Ich biege in den Weg ein aber kaum hab ich ihn betreten, kommen uns auf dem schmalen Weg galoppierende Reiter mit Startnummern entgegen. Ein Mädchen dem wir auf ihrem Ausritt begegnen erklärt mir: „ Da ist ein großes Distanzreittunier heute“ Ich freue mich, dass Igor so souverän auf andere Pferde reagiert. Das kannte er ja bisher nicht, denn auf unseren bisherigen Spaziergängen und Wanderungen sind wir kaum jemanden begegnet. Es ist ein schöner Tag. Wir schlendern mehr als wir wandern da wir ja reichlich Zeit haben. Bis Weikersdorf ist es nicht mehr weit. Die Distanzreiter geben mir ein Daumen Hoch Zeichen, wenn sie uns passieren und rufen mir nette Worte zu. Eine erkennt mich sogar, und fragt im Vorbeigallpppieren ob ich die mit dem Esel aus Weppersdorf bin. Unglaublich wie viele Menschen an unserer Reise teilhaben. Eigentlich wollte ich das ja gar nicht, sondern mich lieber still und heimlich auf den Weg machen. Aber wenn ich jetzt sehe und höre wie sich so viele Menschen freuen, denke ich schön langsam anders darüber. Wir kommen nach Weikersdorf und ich sehe ganz viele freie Wiesenkoppeln. Alle eingezäunt viele mit Wasseranschluss und keine Pferde darauf. Super, denke ich mir! Das ist perfekt zum Übernachten. Und so frage ich gleich mal im ersten Stall nach. Alles voll, wird mir gesagt. „Und die freien Wiesenkoppeln?“ frage ich nach. „Auch alle voll,“ wird mir gesagt. Ok denke ich mir. Dann gehe ich zu dem großen Tunierstall der auch an dem Distanzreiten irgendwie beiteiligt ist. Ich errege viel Aufsehen, als ich durch die Reihe der Reiter mit meinem wunderschönen Esel gehe. Viele wollen Fotos von Igor machen und filmen ihn. Aber auch dort gibt es wegen des Turniers keinen freien Platz für mich. Mein Notfallplan ist Muthmannsdorf. Dort kenne ich über meine Schwester einen privaten Einstellbetrieb und rufe dort an. Ich merke, dass sie nicht sehr begeistert sind, da sie dafür nicht eingerichtet sind. Trotzdem sagen sie zu und ich gehe etwas mutlos weiter. Eigentlich hatte ich keine Lust mehr heute noch so weit gehen. Ich frage noch ein paar Leute ob sie denn einen Bauernhof in Weikersdorf kennen bei dem ich übernachten könne, aber niemand weiß was. Da sehe ich plötzlich einen Brunnen in Form einer alten Pferdetränke. Da Igor seit zwei Tagen nichts getrunken hat, führe ich ihn hin. Und tatsächlich. Er trinkt.

Ich bin unendlich erleichtert. Da geht ein Fenster auf und eine Frau ruft heraus. “Hallo, ich kenn dich aus dem Fernsehen” Das Fenster schließt sich und bald darauf steht die Frau mit ihrer kleinen Enkeltochter  die Reitkleidung trägt und Leckerlies in der Hand hält, vor mir. Ich kombiniere: Reitkleidung und Pferdeleckerlies, die könnten Pferde haben und möglicherweise eine Übernachtungsmöglickeit. Ich frage gleich mal nach. Die Enkelin ist begeistert und schon kommt auch der Opa und bietet mir einen Platz an. Dann gesellt sich auch noch der Nachbar dazu, dessen Frau drei Pferde hat. Auf deren Wiese könnte ich auch bleiben. Ich bin überwältigt, und freu mich riesig. Igor und ich entscheiden uns für die Wiese, und mit großem Gefolge ziehen wir dort ein. Ein perfekter Platz. In der Sichtweite von drei Pferden, ein großes eingezäuntes Gelände, Trinkwasser und Heu und nette Gesellschaft von Romy, der Pferdebesitzerin und ihrem Mann und allen Nachbarn. Alle sind begeistert von Igor und der Wanderung. Und ich bin unendlich erleichtert und freue mich auf die entspannte Nacht.

 

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