Heute ist es soweit, Igor und ich überqueren wieder die Donau. Ich habe die Brücke bei Grein dafür ausgewählt, weil sie wie auch schon die Brücke in Emmersdorf einen von der Fahrbahn getrennten Radweg hat. Ich bin, wie schon beim ersten Mal der Donauüberquerung ein bisschen aufgeregt.
Ich habe mich gestern mit Karins Vater, der viel Fahrrad fährt, noch über meine Route unterhalten, die ein paar hundert Meter den Donauradweg entlang führt. Als ich mir das nochmals genau auf meiner Wanderapp Bergfex ansehe, bemerke ich das zwischen der viel befahrenen Bundesstraße B3 und dem Radweg noch eine Eisenbahnstrecke entlang führt. Das bedeutet für mich, dass ich aufpassen muss wo es Stellen gibt an denen man die Geleise queren kann. Zur Sicherheit frage ich nochmals bei Karin und ihrem Vater nach, die mir genau erklären wie ich gehen muss damit ich nicht die Bundesstraße entlang wandern muss. Aus irgendeinem Grund möchte mich mein Wandernavi über die Bundesstraße schicken. Sehr seltsam, denke ich mir und bin froh, dass ich das noch rechtzeitig gesehen habe.
Und so wandern Igor und ich los zur Donau hinunter. Ich entschuldige mich bei Igor, weil ich ein bisschen fahrig bin und ihn nicht wie sonst fressen lasse. Ich will Bundesstraße, Eisenbahn und Donaubrücke hinter mir haben, dann darf er futtern ist mein Versprechen an meinen großen Esel.
Dann stehen wir auch schon an der Bundesstraße, vor uns die Donau und der Bahnübergang. Auf der Bundesstraße hätte es keinen Gehweg gegeben und ich weiß nicht wie meine Wanderapp auf die Idee kam mich da entlang zu schicken, egal ob mit oder ohne Esel wäre das bei dem Verkehr lebensgefährlich. Also bin ich froh, dass ich nur an dieser gut einsehbaren Stelle drüber muss, über den Fussgänger Bahnübergang und schon bin ich am sicheren Radweg. Über Bahnübergänge bin ich mit Igor schon sehr oft gegangen, damit hatte er nie ein Problem. Bis heute. Er setzt den ersten Huf auf das Holz, zieht ihn wieder zurück und weigert sich weiter zu gehen. Mir rutscht das Herz in die Hose Nicht jetzt und nicht hier in dieser Situation. Ich kenne meinen Esel und er hat gerade den unverhandelbaren „Sicher nicht“ Gesichtsausdruck und schon versucht er rückwärts zu gehen obwohl sich auf der Straße ein LKW mit hoher Geschwindigkeit nähert. Mit viel Körperkraft halte ich ihn zurück. Am Radweg kommt gerade eine Joggerin daher. Ich halte sie auf und bitte sie mir zu helfen indem sie Igor von hinten Druck macht damit er über die Gleise geht. Die Joggerin ist sehr unsicher, kein Wunder, sie hat keine Pferde oder Eselerfahrung aber sie ist nun mal gerade die einzige verfügbare Person die mir helfen könnte. Ich erkläre ihr das sie nur hinter Igor gehen muss und den Arm auf und ab bewegen. Das reicht im Normalfall an Druck aus, man muss ihn dabei gar nicht berühren. Natürlich scheitert dieses Experiment und Igor weicht dem halbherzigen Versuch aus. Da sich wieder von rechts und links LKWs nähern und es so keinen Sinn macht, entlasse ich die Joggerin und gehe mit Igor zurück in unsere Ausgangsposition auf die andere Straßenseite. Dort steht auch gerade ein junger Mann mit seinem Traktor. Er ist mein nächster Kandidat und ich bitte ihm mir zu helfen. Er zögert kurz, steigt dann aber aus seinem Traktor. Ich weise ihn an hinter Igor zu gehen und leicht in die Hände zu klatschen um ihn damit zu motivieren vorwärts zu gehen. Wir warten eine Lücke im Verkehr ab und dann starten wir. Ich gehe zielstrebig über die Straße auf die Bahngleise zu, der Bursche hat mich falsch verstanden und schiebt bei Igors Hinterteil an. Das motiviert Igor so, dass er nur minimal zögert und dann über die Gleise geht. Meine Erleichterung ist grenzenlos. Am Radweg haben sich auch schon ein paar Radfahrer versammelt die uns zugesehen haben. Sie alle freuen sich mit mir und Igor bekommen die Karotte die ich noch eingesteckt habe und die eigentlich für die Donaubrückenüberquerung gedacht war. Ich bedanke mich auch noch beim Traktorfahrer und ziehe Richtung Donaubrücke weiter.
Da höre ich ein bimmeln auf meinem Handy, das eine WhatsApp Nachricht ankündigt. Ich sehe nach und es ist der Besitzer meines heutigen Übernachtungsstalles der mir ankündigt das ich nun doch nicht zu ihm kommen könne. Er schickt mir die Nummer vom benachbarten Stall mit, der ganz in der Nähe sei und wo es auch Esel gäbe. Na toll, das auch noch. Um es hinter mich zu bringen rufe ich in dem besagten Stall an und Marianne, die Betreiberin ist schnell einverstanden, dass ich und Igor zu ihnen kommen.
Das ist schon einmal eine echte Erleichterung und so marschieren wir auf die Donaubrücke. Wie schon bei der letzten Überquerung, so ist auch diese überhaupt kein Problem für Igor. Ich freue mich als wir drüben sind und werfe einen Blick aufs Wander-Navi. Ich war so mit dem Weg zur Donaubrücke beschäftigt, das ich auf die weitere Strecke nur einen kurzen Blick geworfen habe. Die Route führt jetzt ein gutes Stück über eine Landstraße. Na ja, Arschbacken zusammenkneifen und durch, es sind ja nur 11 Kilometer bis zum neuen Stall. Die Straße ist nicht allzu verkehrsreich aber doch befahren auch von LKWs. Ich suche und finde eine Alternative die durch den Wald führt, der Aufstieg liegt direkt vor mir. Es geht steil bergauf aber alles ist mir lieber als weiter auf der Landstraße zu gehen. Endlich oben angekommen schaue ich auf meine zweite App, Komoot, die mich normalerweise immer auf schöne Wanderwege führt. Sie schlägt eine Route vor die 20 km lang ist. Das ist zu viel und so gehen Igor und ich wieder den Berg hinunter und landen ca. 500 m weiter weg von unserem Ausgangspunkt in den Wald. Ich gebe auf und bleibe auf der Straße. Dann ist das eben heute unsere Route und morgen werde ich besser planen, denke ich mir. Trotzdem ist es mühsam bei der Hitze über den Asphalt zu laufen. Außerdem kann ich Igor nicht frei laufen lassen, was dem auch überhaupt nicht gefällt weil er nicht fressen kann wie er will.
So quälen wir uns voran, ich mehr als Igor, der deutlich fitter ist. Gegen Mittag läute ich bei einem Haus an und bitte um Wasser für Igor. Er hat heute früh nichts mehr getrunken, deshalb weiß ich dass er durstig ist. Die Frau und ihre Kinder die mir aufmachen und Igor einen Kübel mit Wasser geben, freuen sich über den Besuch. Dann geht Igor in ihrem Garten unter einen Apfelbaum in den Schatten und möchte gerne eine Schlafpause einlegen. Mit etwas Mühe kann ich ihn dazu überreden die letzten Kilometer noch mitzukommen. Im Stall gibt es dann gutes Heu und Eselfreunde, erkläre ich ihm.
Und so ziehen wir weiter Richtung Viehdorf. In der Ferne sehe ich die Berge in Richtung Steiermark. Ich sehe sie mir genau an und überdenken meinen Plan in die Steiermark, Richtung Leoben zu gehen. Will ich das wirklich? Ist es das wert? Bei meiner Grobplanung habe ich mir gedacht dass ich ja, falls die Bergtouren zu steil sind, einfach einen oder zwei Tage auf der Straße gehen kann. Wie unangenehm das jedoch ist, sehe ich sehr deutlich am heutigen Tag. Ich entschließe mich diese Entscheidung auf den Abend zu vertagen, wenn ich wieder fitter und ausgeruht bin. Und endlich ist auch der Stall in Sicht der in einem wunderschönen Vierkanthof untergebracht ist.
Igor und ich gehen hinein und Marianne und ihr Mann begrüßen mich. Sie bietet uns eine Paddock Box an und wegen der Hitze könnte ich mir vorstellen dass es für Igor während des restlichen Nachmittags in Ordnung wäre. Die beiden Esel stehen mit einem schwarzen Minisshetty gleich daneben in einem großen Offenstall. Marianne und ich sehen uns an und sind uns schnell einig das wir probieren werden Igor zu den beiden Eseln zu stellen. Und wie ich es mir gedacht habe, funktioniert das wunderbar. Wir richten 4 Haufen Heu her damit jeder fressen kann und die Sache ist erledigt. Igor sucht sich auch sofort einen Wuzelplatz und wälzt sich ausgiebig. Nur vor dem Pony hat er Angst und bleibt auf Abstand. Sie erinnert ihn wahrscheinlich sehr an unsere Wendy, vor der auch jeder Esel auf Hof-Sonnenweide Angst hat. Auf dem Weg in den Stall habe ich aus den Augenwinkeln einen kleinen Pool gesehen und tatsächlich bietet mir Marianne an hineinzuhüpfen. Das Angebot nehme ich nur zu gerne an, dann mache ich mich an die weitere Streckenplanung.
Ich verabschiede mich gedanklich von der Steiermark und beschließe mich entlang der Donau Richtung Tulln zu bewegen. Das fühlt sich so richtig gut an und ich teile meine Entscheidung mit Andi.
Da sich Igor in diesem Stall genauso wohl fühlt wie ich, beschließe ich Marianne zu fragen ob wir noch einen Tag länger bleiben können. Ich habe seit 3 Wochen keinen Pausetag mehr eingelegt und hier wäre der perfekte Ort für uns. Marianne ist einverstanden und so freue ich mich auf morgen und einen wanderfreien Tag.
Es gab bisher keinen wirklich schlechten Tag, sondern es waren immer beide Elemente vorhanden. Einmal Regen, dann wieder Sonnenschein und umgekehrt. Einmal eine nicht so schöne Route wie heute, danach aber wieder eine tolle Übernachtungsmöglichkeit mit Pausetag. Nichts ist nur schwarz und weiß.
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