Wanderung Tag 20

Der Regen hat aufgehört, der Himmel ist wie a fast jedem Tag meiner Reise grau in grau. Ich sehe nach Igor und Mucki, die beiden fressen einträchtig an der Raufe. Es bricht mir jetzt schon das Herz. Wenn ich daran denke, dass Mucki, die sich sehr an Igor gehängt hat, alleine zurückbleibt. Ich kraule beide Tiere und sehe dann nach meinem Zelt, das ich vor dem Regen nicht mehr abbauen konnte. Es ist tatsächlich innen trocken geblieben.

Heute kann ich mir viel Zeit lassen, denn Julia erwartet mich in Oberbierbaum erst gegen 17.30 Uhr, weil sie vorher Therapiestunden gibt. Ich frühstücke noch mit Gerda vor dem Kamelgehege, dann beginne ich langsam zusammenzupacken. Ich richte Igors Sattel her und dann ist es soweit. Ich führe Mucki in ihr Revier und verabschiede mich von ihr, was mich tieftraurig macht. Die Kleine schaut mich an und weiß sichtlich was gleich geschieht. Ich nehme ihr den großen Freund weg. Igor nimmt den Abschied gelassen, er folgt mir willig und gibt keinen Ton von sich auch als Mucki ihm nachruft. Wir verabschieden uns von einigen Mitarbeitern die aus Gerda's Fabrik kommen und nochmals Fotos mit Igor machen möchten. Dann begleitet mich Gerda noch ein kleines Stück auf dem Rad bis auch sie sich verabschiedet. Es ist gar nicht so leicht jeden Tag aufs Neue aufzubrechen. Auch nach 20 Tagen bin ich vor jeder Abreise leicht nervös und das legt sich erst wenn wir eine Weile marschiert sind.

Eigentlich habe ich erwartet, dass sich irgendwann mehr Leichtigkeit einstellt, aber bis jetzt ist dieses Gefühl ausgeblieben. Die Strecke beginnt zunächst leicht und geht nur wenig bergauf. Aber dann, als wir in den Wald kommen, hat sie es in sich. Gerda hat mir erzählt, dass sie früher öfter mit den Kamelen nach Oberbierbaum geritten ist. Sie sagte mir beim Frühstück, dass es sicher nicht so einfach werden würde wegen des starken Regens am Vortag denn man müsse den Schwarzaubach mehrmals überqueren. Alarmiert schaue ich auf meine Wanderapp, kann aber keine Bachüberquerungen entdecken und bin beruhigt. Wahrscheinlich hat sich die Wegführung in den letzten Jahren verändert, denke ich mir.

Tja, und dann ist der Weg, der laut App eigentlich da sei sollte weg, und nur ein schmaler Pfad führt unter umgestürzten Bäumen durch den Bach und dann steil nach oben. Igor meistert alles ohne erkennbare Probleme und ich bin froh als wir den befestigten Weg, der oberhalb der uns angezeigten Route verläuft, wieder erreichen. Es geht weiter, der Weg wird wieder schmaler und steiler, als Stufen mit Handlauf vor uns auftauchen. Als ich noch überlege wie Igor die umgehen könnte, geht er schon an mir vorbei und steigt mit raschem Schritt den schmalen Weg, der neben den Stufen verläuft , hinauf.

Wir gehen weiter und ich hoffe, dass es keine Überraschungen mehr gibt. Doch wir müssen nochmals über kurze steile Abschnitte mit Handlauf aber zum Glück ohne Stufen. Die Packtaschen sind so hoch, dass sie über dem Handlauf sind und ich sie nicht jedes Mal abschnallen und hinauftragen muss. Dann geht's noch einmal über den Bach, diesmal auf einem Abhang mit großen Steinen. Aber auch das meistert Igor nach kurzem Nachdenken.  Er sieht sich das Hindernis immer einige Momente an und findet dann seine eigene Lösung. Ich kann gar nicht ausdrücken wie dankbar ich dafür bin, dass ich Igor gerade an solchen schwierigen Passagen nicht führen muss sondern er selbständig seinen Weg findet.

Aber dann ist es geschafft und wir erreichen eine gatschige Forststraße die steil nach Oberndorf führt. Von dort an ist es nicht mehr weit bis zu meinem Übernachtungsplatz bei Julia.

Am letzten Abschnitt des Weges sehen wir einen Mann der mit seinem Hund spazieren geht. Igor und ich können schon die Pferdekoppeln von Julias Hof erkennen. Davor sind noch zwei, mit Holz eingezäunte Wiesenkoppeln die mir sehr gut als Übernachtungsplatz gefallen würden. Ich weiß jedoch nicht, ob die auch ein Teil von Julias Grundstück sind.  Es stellt sich heraus, dass sie dem Mann mit Hund, Gerhard und seiner Frau Uschi, gehören. Als ich mich vorstelle und erzähle, dass wir eine Stunde früher als verabredet bei Julia sind und ich noch warten muss, bietet er mir an auf der Koppel zu warten. Er bringt auch gleich Wasser und Heu für Igor und meint, wenn ich will kann ich auch gleich hier übernachten. Als Julia dann kommt ist das für sie in Ordnung und wir bleiben an dem schönen Platz.

In der Zwischenzeit habe ich auch Gerhards Frau Uschi kennen gelernt die gerade von einem Spaziergang mit einem ihrer Araber zurückgekommen ist. Wir unterhalten uns lange über meine Reise und das Leben im Waldviertel. Ich darf meine Sachen in ihrer Scheune unterstellen und bekomme Müsli für Igor. Am Abend bringt mir Uschi Grünkern Risotto mit Gemüse, das köstlich schmeckt. Wir essen gemeinsam und Igor steht bei uns knabbert sein Heu.

Uschi sieht sich meine Route an und stellt fest ,dass ich ja gar nicht ins nördliche Waldviertel hinaufkomme sondern bald in Oberösterreich bin. Sie erzählt mir von Bärnkopf und dem größten zusammenhängenden Waldgebiet in Österreich. Da ich meinen Plan mit der Nordsee schon komplett verworfen habe, beschließe ich die Route zu ändern denn das Waldviertel finde ich schon sehr schön und ich möchte noch eine Weile dableiben.

Im Zelt plane ich noch den Weg für den nächste Tag, lese ein bisschen und kuschle mich dann in meinen Schlafsack, denn es ist sehr kalt. Laut Wetterbericht soll morgen sogar ein sonniger Tag werden. Ich bin gespannt. 

 

PS: Wenn du unseren Lebenshof unterstützen möchtest, dann freuen wir uns sehr über eine Spende oder Tierpatenschaft. Hier gehts zu den Infos: Tierpatenschaften

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0