Wanderung Tag 16

Der Hof scheint menschenleer als ich bei bedecktem Himmel den Reitstall verlasse. Wir wandern durch die Hügellandschaft und neben Feldern. Vor allem Mais und Weizen wird hier angebaut. Leider kann ich Igor deshalb kaum freilaufen lassen, weil er auf den Geschmack von jungen Maispflanzen gekommen ist. Ich will aber auf keinen Fall das er das frisst. Zum einen weil die Bauern verständlicher Weise nicht erfreut wären und auch weil ich überall die Spuren von Unkautvernichtungsmittel sehe. Die Bauernhöfe die wir sehen sind riesig und wirken auf mich wie abgeschlossene Festungen. Ich sehe kaum Tiere, kann aber riechen, dass es viele Schweinefarmen gibt. Natürlich beginnt es wieder zu regnen und dieser Regen begleitet uns bis zur Ankunft am Albrechtsberg. Dank der Ersatzschuhe tun meine Blasen nicht mehr so weh, zumindest am Beginn des Tages, ab Kilometer 10, mit nassen Schuhen und Socken wird es dann deutlich unangenehmer. Wir gehen sehr langsam und ich lasse Igor oft fressen. Im heutigen Übernachtungsstall gibt es nämlich keine Wiesen und Igor kommt in ein klassisches Paddock. Nicht das was ich mir für ihn gewünscht hätte, aber ich habe keine andere Möglichkeit gefunden und die Besitzerin war sehr freundlich bei meinem Anruf.

Kurz vor Loosdorf müssen wir unter der A1 durch. Diesmal zeigt Igor keinerlei Unruhe, so wie am dritten Tag vor der Südautobahn in Wiener Neustadt. Er marschiert einfach durch, genauso wie gleich danach unter der Bahnunterführung. Ich sehe neben der Autobahn das McDonalds Zeichen. Hier holen Andi und ich uns manchmal einen Karamell Latte mit Sojamilch wenn wir Richtung Oberösterreich fahren. Den hätte ich jetzt auch gerne. Und trockene Füße.

Um zum Albrechtsberg zu gelangen, müssen wir durch Loosdorf durch. Ich habe gestern Abend noch herumgetüftelt ob ich das irgendwie umgehen kann, aber keine Möglichkeit gefunden die nicht mindestens 2 km Umweg bedeutet hätte. Die Strecke durch Loosdorf zieht sich fast über 3 km und der Beginn ist ganz leicht. Wir gehen durch ein Wohngebiet und Nebengassen. Und dann sehe ich eine große Kreuzung vor mir über die wir drüber müssen. Dann wird es wieder ruhiger. Heute bin ich zum Glück selbst entspannt, weil Igor bisher keinerlei Stress erkennen lässt. Er geht brav bei Grün mit mir über die Straße, bleibt danach am Gehsteig und ich kann ihn so führen, dass seine Packtaschen kein parkendes Auto streifen. Ich bin so auf mich selbst und meinen Esel konzentriert, dass ich meine Umgebung völlig ausblende.

Dann ist es auch schon geschafft und wir sind wieder in einer ruhigen Wohngegend und haben nur noch einen kurzen Weg zum Stall. Der liegt direkt neben dem Schloss Albrechtsberg. Dort angekommen kontaktiere ich die Besitzerin die mich gleich herzlich begrüßt. Sie zeigt mir Igors Paddock und er geht ohne zu zögern hinein. Neugierig schaut er sich um, während die Pferde rund um ihn sehr aufgeregt und unruhig werden weil viele von ihnen zum ersten Mal einen Esel sehen.

Carina zeigt mir alles, auch das Stüberl in welchem ich auch übernachten kann, wenn ich will.  Es ist warm dort, und ich würde das schon sehr gerne machen. Ich stelle mein Zelt auf, um es trocknen zu lassen, weil es gerade einmal aufgehört hat zu regnen. Dann inspiziere ich meine Füße, die aussehen als wären sie von einer Wasserleiche. Ich laufe in meinen Badeschlapfen ohne Socken den ganzen Nachmittag und Abend herum damit meine Schuhe bis morgen abtrocknen können. Carina gibt mir einen Tipp für einen Übernachtungsplatz in Emmersorf, ein kleiner sympathischer Offenstall der auch Esel hat.

Gerade als mein Zelt halbwegs trocken ist, beginnt es erneut sturzbachartig zu regnen. Eilig packe ich es zusammen aber es ist zu spät. Jetzt ist mein Zelt nicht nur nass, sondern auch schmutzig weil ich es in einem unbenutzten Paddock aufgestellt habe. Zum Trost möchte ich mir eine Pizza bestellen. Carina hat mir die Nummer von einem Pizzaservice gegeben der in den Stall liefert. Mit Vorfreude studiere ich die Karte und rufe an. Nachdem ich meine Bestellung aufgebe sagt man mir, dass erst ab € 16,- geliefert wird. Ich bedanke mich und lege auf. Dann rufe ich Andi an und plärre ins Telefon. Ich fühle mich gerade am Tiefpunkt meiner Reise angelangt.

Aber sobald ich die Stimme von meinem Mann höre, geht es mir wieder besser. Ich habe einen trockenen Platz für Igor und mich, morgen geht's gemütlich über die Donaubrücke und dann sind wir schon in der Wachau. Morgen wird alles besser und das Glück nimmt nur Anlauf um zu mir zu kommen. So erklärt es Andi mir, und ich fühle mich getröstet.

Dass meine Reise so beschwerlich werden würde, hätte ich echt nicht gedacht. Aber Aufgeben ist noch keine Option. Ich bleibe noch bis spät in den Abend bei Igor im Stall und gehe dann ist Stüberl. Das Fenster ist offen sodass ich Igor hören kann falls er nach mir ruft. Aber es bleibt alles still und ich danke meinem Esel für die Nacht auf der Couch mit meinem warmen Schlafsack. Morgen ist ein neuer Tag, denke ich mir und schlafe tief und mit warmen trockenen Füssen ein. 

 

 

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