Wanderung Tag 8

Wir verabschieden uns von der Schutzhütte und beginnen den Abstieg nach Ramsau. Am Vortag habe ich Waldarbeiter, die sich auf Kieneck  mit dem Oberförster getroffen haben, nach dem sanftesten Abstieg gefragt. „Über die Fordtsrrasse“, gaben sie mir Auskunft. Dieser Tipp war Gold wert. Es geht zwar stetig bergab und wir brauchen länger als über den Wanderweg, dafür war es aber bequem und schön zu gehen für Igor. Heute hat er auch zum ersten Mal alle 4 Hufschuhe an und er geht damit ausgezeichnet. Nur beim Anziehen zickt er herum wie ein Kleinkind das zum ersten Mal Schuhe tragen muss. Ich kann es ihm aber nicht ersparen, denn die Forststrasse und auch die meisten Wanderwege sind geschottert mit spitzem Bruchstein. Der Abrieb von seine Hufen wäre zu groß.

Wir wandern durch die  wunderschöne Berglandschaft und begegnen keinem Menschen. Neben uns fließt ein Bächlein, Idylle pur. An einer Stelle kann man den Bach gut erreichen. Ich gehe hin und Igor tinkt das Wasser. Dann macht er einen Hops und springt ans andere Ufer. Dort macht er pipi und lässt ein paar Eseläpfel da, dann springt er wieder zurück. Der Boden am Ufer ist sehr weich und Igor sinkt ein. Dennoch ist er mit einem beherzten Sprung wieder bei mir. Ich schaue nur besorgt auf die Packtaschen, die aber unversehrt an Ort und Stelle sind. Ca. 500 m weiter fällt mir auf das Igor ein Hufschuhe links hinten fehlt. Da Igor frei läuft und ein paar Meter hinter mir gemütlich mal auf der einen Seite, dann auf der anderen Seite ein paar Grashalme ausrupft, habe ich es nicht an seinem  Schritt gehört das etwas nicht stimmt. Zum Glück sind wir schon im flacheren Teil unserer Wanderung angekommen. Ich nehme Igor die Packtaschen ab, lege meinen Rucksack dazu an den Wegrand und wir gehen retour auf der Suche nach dem verlorenen Schuh. Da die Schuhe eine Massanfertigung sind und nicht ganz billig waren, lässt man die nicht einfach zurück. Ausserdem ist eh relativ klar wo er ihn verloren hat. Und wirklich, tief im Uferschlamm eingegraben steckt der Schuh. Ich muss ihn regelrecht ausgraben um ihn da wieder herauszubekommen. Innen ist er aber wie durch ein Wunder sauber.

Als wir unten im Tal sind und die ersten Häuser auftauchen sehen wir eine Frau die gerade ihre beiden Pferde versorgt.  Wir beginnen zu plaudern und sie bietet mir spontan einen Kaffee an. Den nehme ich gerne an und sie eilt ins Haus gegenüber der Pferdekoppel um mir den Kaffe zu bringen. So nett ist das und so ein wunderschöner Tag. Kein Regen aber auch nicht zu heiß. Das letzte Stück muss ich entlang der Straße gehen. Da aber wenig Verkehr ist und die Landschaft rundherum wunderschön, ist das überhaupt kein Problem. Die LKW Fahrer die aus dem nahen Sägewerk und der Kiesgrube kommen nehmen Rücksicht auf uns und auch durch den Ort Ramsau kommen wir ohne Probleme. Wir werden überall nett begrüßt und Igor zaubert, wie immer,  fast allen Menschen ein Lächeln ins Gesicht.

Nach dem Ort geht's dann noch ein Stückerl Richtung Hainfeld und dann zum Reitverein der Familie Dallinger. Der Hausherr holt mich unten vom Radweg ab und begrüßt uns herzlich. Igor kommt in eine große Koppel und begrüßt gleich einmal die Gallaway Rinder gegenüber. Die beachten ihn jedoch nicht. Es ist erst 14.00 Uhr und ich verbringe den ganzen Nachmittag mit Leo und seiner Frau. Wir plaudern über Gott und die Welt über Philosophien im Reitsport und was da alles so dazu gehört. Leo arbeitet schon sehr lange mit Pferden und kennt sich wirklich gut aus. Igor ist die ganze Zeit neben uns auf der Koppel, frisst sein Heu und schreit ab und zu nach den Rindern. Er wurzelt sich, bekommt eine Karotte von der Schwiegertochter und scheint sich wohl zu fühlen, so wie ich mich auch. Um ca. 19.00 Uhr kommen die Einstell- und Schulpferde von der Wiese in den Stall. Die ganze Familie hilft dabei mit und ich sehe zu.

Plötzlich sehe ich das Igor rechts vorne lahmt. Nicht nur ein bisschen sondern er hinkt regelrecht, vor allem bergab. Leo und ich tasten ihn ab, kontrollieren die Hufe und können nichts erkennen. Ich führe ihn in die Reithalle auf weichen Boden um zu sehen ob es vom Hufen kommt oder vom Bein. Es ist zwar auf dem weichen Boden etwas besser aber nicht wirklich gut. Leo meint das es von einem Gelenk kommt. Wir sind alle etwas ratlos. Vor 10 Minuten war doch noch alles in Ordnung und wir waren den ganzen Nachmittag bei ihm. In meinem Kopf läuft ein Film ab. Von Besorgnis um Igor bis zum Abbruch unserer Wanderung ist alles dabei. Ich telefoniere mit Andi, erzählen ihm alles und fühle mich danach ein bisschen getröstet. Igor mampft in der Zwischenzeit sein Heu. Er ist der Ruhigste von uns allen. Leo schlägt vor Igor über Nacht in eine Box zu stellen damit er ruhig steht und sein Bein nicht mehr belastet. Würde er bei mir auf der Koppel übernachten würde er sich sicher mehr bewegen. Ich stimme zu es einfach einmal zu probieren. Wenn alle Pferde rund um ihn sind, könnte es klappen. Igor war noch nie in einer Box aber er geht brav mit und betritt ohne zu zögern sein Nachtquartier. Es fühlt sich richtig an und er schreit mir auch nicht nach als ich die Boxengasse  verlasse.

In meinem Heustadel, in dem ich übernachte, versuche ich mich durch lesen von düsteren Gedanken abzuhalten. Als ich dann schließlich doch, hundemüde das Handy, auf dem meine Bücher gespeichert sind, weglege wünsche ich mir vom Universum das es Igor morgen wieder gut geht. „Das Leben macht keine Fehler“, denke ich mir und schlafe überraschend gut mit nur einmal aufwachen durch. Natürlich hat es in der Nacht wieder geregnet, aber nur ganz leicht.

 

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