Wanderung Tag 5

Wie bisher jeden Tag erwache ich um 5.00 Uhr. Ich mache die Augen wieder zu und versuche noch ein bisschen zu dösen. Um 6.00 öffne ich das Zelt und strahlender Sonnenschein erwartet mich. Juhuu! Das hebt die Laune. Ich untersuche meine am Vortag gebaute Regenschutzkonstruktion unter der sich Igors Packtaschen, der Sattel und mein Rucksack befinden. Alles trocken. Zum Glück. Nur Igors Sattelpad, das ich mit ins Zelt genommen habe ist klatschnass. Ich hänge alles in die Sonne und genieße ebenfalls die wärmenden Strahlen.  Bald schon ruft Johanna, meine Gastgeberin aus dem Fenster und fragt ob ich einen Kaffee haben möchte. Da bin ich dabei. Auf ihrer Terrasse, in Sichtweite zu Igor genießen wir unseren Kaffee in der Sonne und plaudern. Dann beginne ich alles fertig zu machen. Ich stelle fest, dass ich noch recht lange brauche bis wir wirklich abmarschbereit sind. Und ich bemerke auch, dass ich mir immer noch Zeitdruck mache. Bin schon gespannt wie lange es dauert bis sich das legt. Ich habe mir vor genommen um 8.30 aufzubrechen und tatsächlich ist es zehn Uhr bis wir starten. Wir haben uns heute eine leichte Route ausgesucht, den Radweg nach Piestingtal. Der ist aber asphaltiert, daher ziehe ich Igor erstmals seine neuen Hufschuhe an. Die ersten Meter stackst er damit noch wie ein Storch, aber erwartungsgemäß hat er sich sehr rasch daran gewöhnt. Am Radweg ist für den Feiertag recht wenig los. Igor wird von fast allen Menschen mit Ehrfurcht bestaunt. Es ist ganz anders als meine Wanderungen mit den beiden kleinen Eseln Martin und Lucky. Die beiden werden eher als niedlich eingestuft und wecken fröhliche Emotionen. Die Menschen haben auch keine Scheu an die kleinen Esel heranzutreten. Igor wird mit Ehrfurcht, Staunen und Respekt begegnet. Und er zaubert fast allen Menschen ein Lächeln ins Gesicht. Ich kann das gut verstehen, ich staune selbst immer wieder über dieses herrliche Tier und kann es oft gar nicht fassen, dass er zu mir gehört. Wir schlendern gemütlich über den Radweg und genießen die Sonne. Ich habe das Gefühl Igor geht es richtig gut. Er lässt sich von vorbeifahrenden Güterzügen nicht aus der Ruhe bringen und geht ohne zu zögern über jede Holzbrücke auch wenn das Wasser darunter rauscht. Das lässt mich hoffen, dass Igor auch über die Brücke bei Reichenthal geht. Ich habe mir die Brücke vorher im Internet angesehen. Sie hat auf einer Seite Stufen, daneben eine flache Rampe damit man das Fahrrad schieben kann. Oben angekommen führt sie an dem Felsen entlang und dann wieder runter. Die ganze Konstruktion ist überdacht. Ich probiere es mal, denke ich mir, und habe aber zur Sicherheit auch eine Alternativroute herausgesucht die über Kitzeck führt. Ein großer Umweg, aber sicher auch schön zum Gehen. Vor der Brücke werde ich etwas nervös. Dennoch gehe ich ohne zu zögern auf die Rampe zu. Igor setzt den ersten Fuß darauf und dann wieder zurück.  In der Zwischenzeit kommen auch Radfahrer die die Brücke überqueren möchten. Wir weichen aus, dann probiere ich es nochmals. Die nächsten Radfahrer kommen. Einer wird richtig unfreundlich und meint, dass ihm sowas nie einfallen würde, mit einem Pferd über eine Brücke zu gehen. Ich verkneife mir jeden Kommentar. Ich frage Igor was er meint, und er deutet über seine Schulter in die Richtung aus der wir gekommen sind. Und so drehen wir um und gehen einem wunderschönen Wiesenweg Richtung Kitzeck. Es geht wieder einmal bergauf aber Igor ist voll motiviert und steckt mich damit an. Auf der Höhe des ersten Hügels angekommen, erwartet mich eine wunderschöner Ausblick auf die Berge rundherum. Ich danke Igor für den Umweg. Dann rufe ich Sissy an, die mir meinen Schlafplatz in Muggendorf organisiert. Sie erklärt mir dass ich direkt zu den Myrafällen kommen soll. Ich gebe das in meine App ein und sehe das es noch 10 km bis dorthin sind. Ich stöhne, eigentlich sollte es heute ja eine gemütliche Tour werden. Als wir über den Hanselsteig gehen, sehe ich unter uns einen Bauernhof wo Rinder auf der Weide sind. Ich überlege ob ich mir da schon einen Übernachtungsplatz suchen soll und dann morgen nach Muggendorf gehe. Als es dann noch zu regnen beginnt, setze ich meine Überlegung in die Tat um. Beim ersten Haus das mir nicht nach Wochenendhaus aussieht läute ich an. Ein junger Mann sieht aus dem Fenster und ich schildere mein Aliegen. Zuerst zögert er, aber ich bleibe hartnäckig und bitte ihn um Kontakte zu den Bauern im Ort. Nach und nach scheint ihm die Sache Spaß zu machen als ich mehrere Leute anrufe aber keiner einen Platz für mich und Igor hat. Dann schickt er mich weiter die Straße hinunter zu einem Bauern der zwar nicht ans Telefon geht aber laut seiner Aussage sicher zu Hause ist. Wir gehen zu dem Haus und es ist niemand da. Zögernd sehe ich mich um und schaue zu Nachbarhaus und überlege ob ich dort anläuten soll. Während ich noch nach der Glocke suche kommt eine Frau mit einem freundlichen Gesicht heraus. Ich sage ihr das ich auf der Suche nach einem Ünernachtungsplatz bin und sie bietet mir die Schafwiese hinter ihrem Haus an. Es ist der perfekte Platz für Igor und mich. Eine große Wiese, eingezäunt und ein ebener Platz für mein Zelt. Ich kann mein Glück gar nicht fassen. Als ich dann noch zum Kaffee eingeladen werde ist es perfekt. Igor darf mit in den Garten kommen und leistet uns beim Kaffee Gesellschaft. Ich bin immer wieder überwältigt von der Großzügigkeit und Freundlichkeit der Menschen die mir begegnen und die ohne zu zögern ihr Haus für uns öffnen obwohl sie uns überhaupt nicht kennen. Auch Abendessen bekomme ich und Igor ist die ganze Zeit dabei. Nur dass er das schöne Gras auf der Wiese nicht fressen mag versehe ich nicht, und es macht mich ein bisschen irritiert. Aber er hat den ganzen Tag ganz normal Gras gefressen, deshalb bin ich nur leicht besorgt. Ich habe das Gefühl heute vermisst Igor zum ersten Mal seine Herde. In der Nacht regnet es wieder einmal und ich höre Igor nicht fressen. Igor scheint sich an diesem Ort der mir so gut gefällt nicht so richtig wohl zu fühlen.

 

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