Als in den 70 und 80iger Jahren sozialisiertes Mädchen wurde mir beigebracht dass Ordnung und Sauberkeit das halbe Leben sind. Auch wenn ich das nie so richtig ernst genommen habe merke ich trotzdem oft wie tief diese Wurzeln dennoch in mir drinnen sind.
Besonders macht es sich am Gemüsefeld bemerkbar. Gerade als wir mit dem Gemüseanbau begonnen haben, ertappte ich mich selbst oft dabei, dass ich bei anderen GärtnerInnen danach schielte ob ihre Beete unkrautfrei waren oder nicht. Heimlich verglich ich den Wildwuchs mit unseren eigenen Gemüsebeeten und war dann entweder frustriert oder beruhigt weil auch alle anderen ständig gegen das Zuwuchern der Beete kämpfen mussten.
Heuer möchte ich aber damit beginnen das alles entspannter zu sehen. Ganz zu Beginn steht einmal der Begriff. Unkraut hab ich bisher gesagt weil mir der Name Beikraut nur als Beschönigung erschien, aber dasselbe meinte. Bei meiner Recherche zu einem noch nachhaltigeren Gemüseanbau stieß ich dann auf das Wort „Wildkräuter“ und damit kann ich mich voll und ganz identifizieren. Das eine sind die „Kulturpflanzen“, die wir anbauen und kultivieren, das andere die Wildpflanzen, die immer schon da waren und dem Boden gut tun. Erst mit dem Aufkommen der Unkrautvernichtungsmittel und den Düngemittel kamen die „sauberen“ Beete so richtig in Mode. Nichts darf da stehen außer der Kulturpflanze. Wenn man darüber nachdenkt ist das ja eigentlich totaler Unsinn. In der Natur steht selten eine Pflanze für sich alleine. Alles lebt in Gemeinschaft, befruchtet sich gegenseitig und vor allem das Bodenleben. Der Boden mag niemals unbedeckt sein, das zeigt uns die Natur sehr deutlich weil es schlecht für da Bodenleben und somit für den kompletten Kreislauf ist. In einer natürlichen Landschaft findet man so gut wie nie einen unbedeckten Boden. Im Wald ist es das Laub und die Nadeln, auf der Wiese das Gras und die Kräuter. Nur wir Menschen hatten irgendwann die Idee das wir der Natur unseren Willen aufzwingen müssen. Kahle braune Felder über den Winter, große, nackte Erdschollen in denen kein Leben mehr existiert waren lange Zeit normal und sind es teilweise auch heute noch.
Somit haben wir heuer damit begonnen die meisten Wildkräuter nur abzuhacken und die Wurzel im Boden zu belassen. Die Wurzeln und das abgehackte Grün, das am Feld liegen bleibt, versorgen die Bodenlebewesen mit Nahrung. Gerade jetzt im Frühling wenn alles zu sprießen beginnt ist das nicht einfach für mich. Es juckt mich in den Fingern mit dem großen Rechen und der Hacke durchzugehen und alles wieder sauber zu machen. Aber ich versuche dem Drang zu wiederstehen. Solange ich das Gefühl habe, das es die Kulturpflanzen nicht stört, versuche ich Ruhe zu bewahren. Wir werden sehen was daraus wird.
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